Testbericht Seestar S50
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Smart Teleskope sind ein neuer wichtiger Schritt in der Astrofotografie. Die Meinung über diese neue Teleskopgeneration ist zwiegespalten. Die Einführung dieser Teleskop Systeme wird zum Teil negativ aufgenommen, da das eigentliche Handwerk immer mehr in den Hintergurnd rückt. Für Einsteiger bieten diese Teleskopsysteme jedoch gute Chancen mit wenig Vorkenntnissen in das Hobby zu starten. Für professionelle Astrofotgrafen stellt die heutige Generation der Smartteleskope (Stand Juni 2024) eine interessante Option dar, jedoch bisher keinen Ersatz für ein klassisches Proifsetup. In disem Bericht teile ich meine persönlichen Erfahrungen mit dem Seestar. Ich vertrete hier meine eigene Meinung und bin nicht gesponsert vom Hersteller oder einem Händler.
Einleitung
Dennoch habe ich mir dieses kompakte Smart Teleskop im Januar 2024 als Ergänzung zu meinem bestehendem Astrofotografie Setup gekauft. Mit einem Preis von 779 Euro (Stand Januar 2024) bietet das Teleskop für verhältnismäßig wenig Geld ein Komplett System, welches gerade für Einsteiger einen einfachen Einstieg in die Beobachtung und Fotografie des Nachhimmels darstellt.
Ich habe den Sesstar S50 bisher in mehr als 15 Nächten testen können. Insbesondere in Wetterphasen mit nur wenig Wolkenlücken spielt der Seestar seine Stärken aus, da das Teleskop im Gegensatz zu meinem Astrofotografiesetup innerhalb von 5min einsatzbereit ist. Obwohl das Gerät hinsichtlich optischer Abbildung, Auflösung und Sensor limitiert ist, kann der Seestar durchaus gut für bestimmte Objekte verwendet werden. Hierzu zählen Sterne, Sternhaufen, Kometen, Mond und eine Hand voll der hellsten Deep Sky Objekte.
Technische Daten
Seestar App
Nachfolgend erkläre ich einige Funktionen und Schritte innerhalb der App. Vor dem Ausrichten auf ein Himmelsobjekt muss das Teleskop zunächst nivelliert werden. Hierzu gibt es unter Advanced Feature den Button Adjust Level. Durch Ausrichten der Stativbeine müssen die beiden Kreise in Deckung gebracht werden auf einen möglichst kleinen Zahlenwert nahe Null. In kalten Nächten empfiehlt es sich die integrierte Tauheizung einzuschalten. Der Button hierfür findet sich ebenfalls in den Einstellungen. Weiterhin können die Bildformate beim Abspeichern festgelegt werden. Es kann zwischen MP4/AVI/TIFF/FITS gewählt werden.
Im nächsten Schritt suche ich mein Himmelsobjekt. Die App visualisiert Vorschläge zu Himmelsobjekten, welche zum entsprechenden Zeitpunkt besonders gut beobachtbar sind. Alternativ kann der Himmels Atlas genutzt werden, eine digitale Himmeleskarte. Mit der hinterlegten Datenbank lässt sich das gewünscht Himmelsobjekt finden.
Über den Button Go Gazing kann das Himmelsobjekt automatisch angefahren und der Bildausschnitt zentriert werden. Im Deep Sky Modus führt das Teleskop noch eine Kalibrierung und eine Bildoptimierung durch. Bei Bedarf kann über den Button AF eine vollautomatische Fokussierung durchgeführt werden. Dann kann final das Live Stacking gestartet werden. Hierbei wird Bild für Bild überlagert und mit zunehmender Belichtungszeit werden Details vom Himmelsobjekt sichbar.
Nachtrag / 14.12.24
Seit Ende Oktober 2024 ist mit dem Firmware Update V2.1.0 (Firmware Version: 3.31) endlich der Mosik-Modus verfügbar. Im Reiter Himmels Atlas ist ein neuer Button Framing hinzugekommen. Über diesen Button kann ein roter Hilfsrahmen in Größe und Ausrichtung angepasst werden. Der blaue Rahmen ist dabei die vorhandene Sensorgröße. Abhängig von der Größe des roten Rahmens berechnet die App eine Gesamtbelichtungszeit zur Erstellung des Mosaik. Diese wird umso größer, je weiter der rote Rahmen aufgezogen ist. Die maximale Größe ist dabei limitiert, wie im Bild dargestellt. Nach Einstellen des Bildausschnittes startet der Sessetar S50 vollautomatisch mit dem Erstellen des Mosaik. Es sind keine weiteren manuellen Anpassungen wie Bild-Overlap und so weiter notwendig. Im Live Stacking Modus kann mitverfolgt werden, wie sich das Mosaik stückweise aufbaut.
Dank dieser Möglichkeit ist der nutzbare Bildausschnitt nicht mehr auf die kleine Sensorgröße des Seestar S50 limitiert, sondern kann abhängig vom Beobachtungsobjekt angepasst werden. Dies wertet das Teleskop meiner Ansicht nach deutlich auf, da nun großflächige Objekte wie die Andromeda Galaxie oder der Orionnebel formatfüllend fotografiert werden können. Ich habe den neuen Mosaik Modus an der Andromeda Galaxie M31 getestet und bin mit dem Ergebniss sehr zufrieden. Nachfolgend ein Vergleich zwischen dem sternlosen Bild und dem finalen Ergebniss. Insgesamt wurde hier für Testzwecke nur etwa 1,2h belichtet. Mit einer längeren Belichtungszeit können hier noch bessere Ergebnisse erreicht werden. Die Testaufnahme von M31 zeigt aber schon gut das Potential dieses neuen Mosaik Modus.
Optische Qualität
1) Sternabbildung
Zur Beurteilung der Sternabbildung habe ich mit dem Aberrationsinspector in Pixinsight eine 10s Einzelbelichtung angeschaut. Das Objekt in diesem Beispiel ist NGC 884 und stand bei etwa 70° Höhe zum Zeitpunkt der Aufnahme. Die Sterne in der oberen linken und rechten Bildecke sind elongiert, bedingt durch eine Verkippung des Sensors. Weiterhin lässt sich eine leichte Koma an den äußeren Sternen feststellen. Die Sterne wirken trotz Fokussierung insgesamt leicht aufgebläht.
Bedingt durch die azimutale Nachführung tritt mit zunehmender Gesamtbelichtungszeit verstärkt Bildfeldrotation auf. Dies wird sehr deutlich am finalen Stack von 510 x 10s. Die Sterne an den Bildrändern sind elongiert und aufgebläht. Ein Großteil des Bildausschnittes muss daher im finalen Bild gecropped werden, was bei dem bereits kleinen Bildausschnitt nicht ideal ist. Größere Objekte lassen sich somit nicht in vollem Umfang auf dem Sensor des Seestar abbilden.
2) Reflexe, Halos
Insbesondere an hellen Sternen treten starke Halo und Reflexionen auf, welche nur schwer durch Bildbearbeitung zu korrigieren sind. Mein Eindruck ist, dass sich dieses Problem verstärkt bei Verwendung des integrierten Schmalbandfilters. Die Testaufnahme vom Pferdekopfnebel zeigt einen massiven Halo am Stern Alnitak. Bei Verwendung von Spikemasken sind mir verstärkt Reflexionen aufgefallen. Diese habe ich testweise an helleren Sternen wie Procyon oder Aldebaran getestet. Die Aufnahmen mit Spikemasken waren zumindest für meine Ansprüche unbrauchbar.
In Summe ist die Sternabbildung des Seestar nur mittelmäßig. Elongierte und aufgeblähte Sterne lassen sich teils mit Bildbearbeitung gut korrigieren. Die Halo an den hellen Sternen sind jedoch nicht vollständig mit Bildbearbeitung zu entfernen.
Nachfolgend einige Astrofotos, welche ich mit dem Seestar aufgenommen habe. Zum Stacken wurde Astro Pixel Processor verwendet und die Bilder anschließend mit Pixinsight bearbeitet. Grundsätzlich kann der Seestar die Aufnahmen aber auch selbständig stacken.
Sonnenfotografie
Das Foto der Sonne ist in einer 5min Wolkenlücke entstanden, was die hohe Flexibiltät und schnelle Einrichtungszeit des Seestar S50 beweist. Auf der Sonnenoberfläche sind einige größere Sonnenfelcken zu erkennen. Bei der größeren Ansammlung handelt es sich um eine Gruppe von 62 kleineren Sonnenflecken mit der Bezeichnung AR 3664. Diese verändern sich ständig, was sich in Form von Flaires und Coronalen Massenauswürfen zeigt. Diese treffen auf die Erdatmosphäre und führen zu dem Phänomen der Polarlichter. Die dunklen Flecken sind etwa 1500°C kühler als das umgebende Gas. Die Ausdehnung ist 2mal so groß wie die Erde.
Zubehör


1) Externe Powerbank
Der integrierte Akku hat bei Raumtemperatur eine Laufzeit von etwa 6 Stunden. Diese reduziert sich deutlich bei Minustemperaturen. Bei eingeschalteter Tauheizung halbiert sich die Akkulaufzeit auf etwa 3h. Je nach Bedarf verwende ich daher eine vorhandene Powerbak mit 27.000 mAh. Diese verbinde ich über den USB-C Anschluss mit dem Seestar.2) Tauschutzkappe
Die Tauschutzkappe soll einen Taubeschlag der Frontlinse verhindern, Streulicht minimieren und den Kontrast erhöhen. Die Taukappe gibt es in verschiedenen Längen und ist 3D gedruckt. Die Kappe wird direkt auf die Teleskopöffnung aufgesetzt. In feuchten oder sehr kalten Nächten empfehle ich, die Tauschutzkappe in Kombination mit der im Seestar integrierten Tauheizung zu verwenden. Wie zuvor bereits erklärt, ist in diesem Fall die Nutzung einer externen Powerbank sinnvoll.3) Spikemasken
Ich habe Spikemasken mit 4,6 und 8 Spikes testweise an hellen Sternen wie Sirius oder Aldebaran verwendet. Ich war mit den Ergebnissen nicht zufrieden. Die Spikes waren stark aufgefächert und es enstanden hässliche, Tortenstück förmige Verdunklungen, wie ich es von Newton Teleskopen kenne, deren OAZ und Spiegelhalterungen in den Strahlengang ragen. In meinem Fall war die Qualität der 3D gedruckten Masken nur mittelmäßig. Die Spikes waren nicht symmetrisch , was ich dann später auch am Stern sehen konnte. Für mich stellen die Masken keine sinnvolle Ergänzung da. Ich würde diese nicht wieder kaufen.4) Bahtinovmaske
Die Bahtinovmaske habe ich nur zu Testzwecken erworben. Grundsätzlich verfügt der Seestar über einen eingebauten Autofous, welcher meist sehr gut funktioniert. Eine Bahtinovmaske ist somit nicht notwendig. Lediglich beim Fokusieren von Planeten oder der Mondoberfläche hat der Autofokus gelegentlich Schwierigkeiten. Hier kann dann mittels Bahtinovmaske manuell am Stern fokussiert werden, bevor der Planet oder die Mondoberfläche fotografiert wird. Die Bahtinovmaske ist im Gegensatz zu den Spikemasken deutlich besser verarbeitet, ist mit knapp 30 Euro jedoch auch unverschähmt teuer. Meiner Ansicht nach sollte das Geld besser in eine Powerbank oder den nachfolgend vorgestellten Nivellieradapter investiert werden.5) Nivellieradapter
Um den Seestar effektiv nutzen zu können, ist eine möglichst exakte Nivellierung des Teleskopes erforderlich. Mit den ausziehbaren Stativbeinen ist dies möglich. Jedoch ist das Handling umständlich und eine feinfühlige Verstellung ist nur eingeschränkt möglich. Hierfür gibt es jedoch Adapter von verschiedenen Herstellern, welche das feine Ausrichten an drei Auflagepunkten ermöglichen. Hierdurch wird der Vorgang vereinfacht und zugleich feinfühliger durchführbar.Fazit
- Mond
- Sterne
- Kometen
- Transits (ISS...)
- Hellere Nebel und Galaxien
- Planeten
- Lichtschwache, großflächige Nebel und Galaxien
- Sonne nur eingeschränkt
Bauform, Design | ★★★★★ |
Bedienung | ★★★★☆ |
Abbildungsleistung | ★★★☆☆ |
Zusatzfunktionen | ★★★★☆ | Preis-Leistung | ★★★★☆ |
Gesamt |
★★★★☆
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